Reinhardt Graetz

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Kurt Tucholsky in Paris Kurt Tucholsky
hat vor ~90 Jahren eine „Zeitreise“ versucht, nämlich Leser im Jahre 1985 anzusprechen, in einer für ihn noch fernen Zukunft.
Seinen Beitrag nannte er schlicht

Gruß nach vorn -

(Den Originaltext hierzu finden Sie im Untermenü) Er sagte von sich selbst, er sei befangen gewesen beim Abfassen der Zeilen; man trüge wohl das Gehirn in jener Zeit anders als 1926, als er seinen Beitrag verfasst hatte. Und vermutete durchaus zu Recht, dass wir in diesem unseren Jahre 1985 Hunderte neuer Maschinen und Geräte hätten, die uns das Leben erleichtern würden, "aber sonst," sagte er, „besser seid ihr auch nicht als wir und die vorigen! Aber keine Spur, aber gar keine“ – und 1985 ist schon wieder lange Jahre her -

Also - diese Aussage wird wahrscheinlich auch für die nächste Stafette gelten. Trotzdem - die Idee hat was! Dummerweise kann man keinen Bericht schreiben für Leser, die schon vor 250 Jahren gelebt haben, Zeitreisen in diese Richtung gehen leider nicht, weil die Zeit immer vorwärts geht - also bleibt uns tatsächlich nur der Gruß nach vorn. Eigentlich sollten wir diese Idee aufgreifen und zu einer Art Stafette etablieren:

Mein Beitrag also richtet sich an die Leser im Jahr 2085.

Vielleicht findet sich dann auch wieder jemand, der die Stafette weiterreicht in das Jahr 2185 – usw. Könnte man nicht…?
Und schon merke ich, dass ich im gleichen Dilemma wie Kurt Tucholsky stecke: was sagt man den Leuten, die im Jahre 2085ff. leben und aller Voraussicht nach auch ihr Hirn völlig anders tragen werden als wir heutzutage?
Da ist zuerst unsere Vorstellungskraft gefordert - wie wird wohl die Welt in 70 Jahren aussehen? Ein hübsches und ein schwieriges Spielchen zugleich. Erst mal: die Menschen sind natürlich 2085 auch nicht viel anders als wir heutzutage; sie schlagen sich mit ihren zeitgebundenen Problemen herum, genau so, wie wir es tun - und wie die Zeitgenossen von Tucholsky. Worüber es da im Einzelnen ging, geht oder gehen wird - das ist dann eher zweitrangig.

Ein paar Fragen seien trotzdem erlaubt:

Wird man überhaupt noch Deutsch reden? Oder nur noch Englisch, Chinesisch oder Russisch?

Wird man die Entfernung von Frankfurt am Main nach Köln routinemäßig in einer halben Stunde zurücklegen? Oder braucht man wieder 3-4 h, wie Mitte des 20. Jahrhunderts?

Gibt es noch die Europäische Union? Mit Deutschland als Provinz, Hessen als Kreis, Berlin als touristische Attraktion? Und Rüdesheim am Rhein - ist es dort immer noch so schön, wie viele meinen? Der Rhein hat sich ein paar Millimeter weiter in die Felswände gefressen, und vielleicht sogar auch die Deutsche Bahn - und damit den Weg freigegeben für die Fußgänger und Autos - oder wie ihr diese Fahrzeuge dann nennt (Robomobile vielleicht?) – am nunmehr unverbauten Rheinufer...?
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/iaa-fuer-nutzfahrzeuge-der-letzte-gruss-vom-trucker/10741252.html

http://www.handelszeitung.ch/konjunktur/fliegenden-e-robotern-gehoert-die-zukunft-der-luefte-1498281

Gibt es noch die UNO oder die EU?
Hallo, Herr Tucholsky – der Völkerbund heißt heute UNO, und „Paneuropa“ Europäische Union! Wir haben sogar eine gemeinsame Währung, den €uro, und alle finden die EU sehr attraktiv! So attraktiv, dass jeden Tag immer mehr Flüchtlinge aus ganz verschiedenen Erdteilen nach Europa, dem neuen "gelobten Land" kommen und dabei Leib und Leben aufs Spiel setzen - inzwischen sind es so viele geworden, dass darob manchen Leuten in Europa Angst und bange geworden ist. Mobilität und neue Medien haben da als Verstärker kräftig mitgewirkt. Das Thema scheint sich zu einem Dauerbrenner auszuweiten. Den könnte man vermutlich nur dann wieder löschen, wenn es gelänge, unsere europäische Kultur auf die Herkunftsländer zu übertragen und so das Gefälle zwischen ihnen und uns zu minimieren. Ob Europa diese Herkulesaufgabe hinkriegt? Europa müsste es nur wollen...
Und so gibt es Leute, die dauernd über die EU meckern - die können aber nicht anders! Das sei mit der EU alles so schnell gegangen, der € würde nix taugen - aber dessen Macken zu beseitigen, trauen sie sie auch wieder nicht... Immerhin ist hier seit über 70 Jahren Frieden, manchen ist das richtig unheimlich, nach all' den Dutzenden von Kriegen, die im alten Europa der vergangenen Jahrhunderte "normal" waren - und die EU hat genau dafür den Friedensnobelpreis bekommen. Was sagen Sie jetzt? Schauen wir uns doch mal an, was unseren neutralen Nachbarn zu diesem Thema eingefallen ist:
https://www.journal21.ch/zum-glueck-gibt-es-die-eu

Kann man sich Grundstücke auf dem Mond - oder Mars - überhaupt schon/noch leisten oder ist im Rahmen einer wundersamen Selektion der Mond nur noch von Reichen bewohnt? Und das gemeine Volk ist auf der Erde geblieben und richtet sich dort mehr schlecht als recht ein? Sind die Grundstückspreise dort eigentlich auch noch erschwinglich, wenn es bei gleichen Flächen immer mehr Menschen gibt?

Apropos "gemeines Volk": habt ihr in 100 Jahren womöglich Angst vor euren eigenen Robotern? Diese modernen Sklaven sollen ja klaglos und effizient funktionieren, und sich ansonsten wie früher die braven Haustiere benehmen. Wenn die aber nun immer ein kleines bisschen intelligenter werden sollen, wird das nicht eines schönen Tages gefährlich für euch? Ähnlich wie in der Antike die unzufriedenen Sklaven plötzlich den Herrschaften gefährlich wurden-? Weswegen man diese immer schön dumm gehalten hatte...
Vielleicht gelingt es ja, über Drohnen und Kampfroboter Kriege vollständig auf Maschinen- und Geräte-Ebene zu verlagern - und irgendwann findet dann die endgültige Schlacht aller Schlachten statt, in der sich sämtliches Kriegsgerät automatisch vollständig abschlachtet, ohne dass irgendein real existierender Mensch direkt daran beteiligt wäre - Abrüstung auf Umwegen, aber wenigstens konsequent...

http://www.tagesspiegel.de/wissen/militaerforschung-forscher-wollen-kampfroboter-stoppen/9586980.html

http://www.handelszeitung.ch/unternehmen/sollen-roboter-wie-menschen-steuern-zahlen-1136208 

http://www.aktiencheck.de/news/Artikel-WSJ_GM_und_Fahrdienst_Lyft_wollen_Roboter_Taxis_testen-7179461

Leben auf der Welt in 100 Jahren 15 Milliarden oder gar 30 Milliarden Menschen? Oder nur noch - was Gott (oder wer auch immer) verhüten möge - 1 Milliarde oder noch weniger? Letztere Variante böte die – makabre – Chance, nochmals von vorn anzufangen und manche Fehler zu vermeiden, die wir vorher gemacht haben…
http://www.handelszeitung.ch/politik/2050-leben-mehr-menschen-nigeria-als-usa-821668

Die Fakten geben hier ein wenig Hoffnung: in den Industrieländern ist das Bevölkerungswachstum schon seit längerer Zeit rückläufig. Vermutlich wird es sich längerfristig stabilisieren, auf einem akzeptablen Niveau, das reguliert sich aus. Aber: irgendwann muss man wohl die Anzahl bestimmter Robotertypen dazu addieren... Inzwischen gibt es neuere Studien zu diesem Thema mit ganz anderen Ergebnissen: 
https://www.n-tv.de/panorama/Deutschland-verliert-20-Millionen-Einwohner-article21990728.html?fbclid=IwAR06-QzlTd4dZVyr6pPkGTJTi92-rB-a3xKSRcww8gqrp6NkkN3cFrtPj4o

Braucht man eigentlich noch Erdöl und Kohle?
Erdöl sollte ja schon um 1970 zuende gegangen sein - aber, wie das manchmal so ist mit Vorhersagen, davon wurde bis zur Jahrtausendwende soviel wie nie zuvor gefördert. Trotzdem: das wächst ja alles nicht mehr nach, daher sollte man eigentlich schon längst damit aufgehört haben, immer mehr davon zu fördern und es einfach verbrennen! Inzwischen geht man bereits an die letzten Reserven - über das höchst umstrittene Fracking-Verfahren. Wenn diese Reserven erschöpft sind - dann kann tatsächlich der Letzte das Licht ausmachen! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis da die Euphorie verflogen ist - und die G7-Konferenz hat soeben ihre Absicht bekundet, mit Energiegewinnung durch Verbrennen noch in diesem Jahrhundert aufzuhören. Immerhin.
Immerhin gibt es ja eine viel effizientere Solartechnik, auch Wasserstoff gibt so einiges her. Und den Wind, das himmlische Kind, nutzt man vermutlich viel besser als zu unseren Zeiten. Und der Golfstrom? Fließt er immer noch und bringt Europa ein mildes Klima, oder ist es inzwischen auf dem alten Kontinent so saukalt geworden, so dass viele in die Erde hinein oder in südlichere Gefilde ausgewandert sind? Umgekehrt wäre es durchaus auch möglich, dass es in Europa sengend heiß wird und die Menschen sich deswegen eingraben oder in nördlichere Gefilde ausweichen...
http://web.de/magazine/wissen/golfstrom-schwaecher-30528010

Oder ist womöglich unsere "Zivilisation" auf spektakuläre Weise abgestürzt, weil wir in eine beispiellose Energiekrise hineingeschlittert sind? Vielleicht aber auch, weil der Klimawandel auf eine vertrackte Weise mit dem "clash of civilizations" zusammenfiel-? Weil "die Nachfrage nach Öl (und anderen Brennstoffen) das Angebot überstieg"? Alle haben's gewusst, und keiner hat so recht etwas dagegen getan? Oder habt ihr endlich herausgefunden, wie man die allgegenwärtige, unlimitierte Energie eleganter nutzen kann, als Kohle, Öl oder Plutonium zu verbrennen, damit Wasser zu erhitzen (wie in den Kesseln der Steinzeithöhlen!!), den Dampf unter Druck zu setzen, den Dampfstrahl auf eine Turbinenschaufel zu leiten, auf dass ein angekoppelter Elektrogenerator dann endlich den so heiß begehrten Strom erzeugen kann...? Ja, ich weiß, es gibt ja die Fotovoltaik und gigantische Windräder - aber die müssten die Energiegewinnung durch Verbrennen vollständig ersetzen. Das erfordert Einsicht und einen gigantischen Aufwand...

Vermutlich ist der schreckeinflößende Meteor immer noch nicht eingeschlagen - obwohl, wenn man nach Sibirien schaut: 1908 kam ja da so ein Ding vom Himmel hoch auf die Erde nieder und wälzte einen ganzen Wald um, den Lichtschein konnte man weithin sehen, und 2013 schlug in derselben Gegend gleich ein richtiger Steinregen ein und traf Menschen, Tiere und Häuser; man soll ja nie "nie" sagen!

Bestimmt rätselt man immer noch über Kornkreise und UFOs und ist deren Geheimnissen wieder ein Stückchen näher gekommen, konnte sie aber immer noch nicht lösen. Inzwischen ist das überhaupt kein Thema mehr. Auch irgendwelche außerirdischen Intelligenzen haben sich immer noch nicht gemeldet. Das ist ganz einfach: entweder halten die sich noch zurück - oder es gibt sie gar nicht... Und wenn - bei diesen astronomischen Entfernungen braucht das Licht schon Milliarden von Erdenjahren, um uns mögliche Informationen von ihnen zu überbringen - und derartige Intelligenzen noch viel länger für eine Reise zu uns... 
http://www.sueddeutsche.de/bayern/kornkreise-in-raisting-eine-runde-sache-1.2077559-2

Aktuell beschäftigt sich die ganze Welt mit der Corona-Pandemie.
Pandemien gab es zuvor auch schon, die Pest im Mittelalter oder die Spanische Grippe Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese Pandemie ist eine neuartige globale Herausforderung, ähnlich wie der Klimawandel. Inzwischen ist unsere gesamte Zivilisation dadurch auf den Prüfstand gekommen - alles wird gewogen, vieles wird danach als zu leicht befunden werden und über Bord gehen müssen. Manche vernachlässigten Dinge werden in den Fokus rücken - globale Herausforderungen kann man nur miteinander, nicht gegeneinander bewältigen. Wir müssen so manches kollektive Fehlverhalten in allen Lebensbereichen korrigieren - eine enorme soziale Herausforderung. 

Und noch was: Glaubt ihr immer noch, dass es echte Propheten gibt?
Bisher haben ja alle Propheten so ziemlich daneben gelegen mit ihren Prognosen. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass die Präzision der Wettervorhersage von, sagen wir, 71 auf 76 Prozent gesteigert worden sein wird - der Fortschritt ist zwar eine Schnecke, aber langfristig nicht aufzuhalten. Und der Klimawandel? Glaubt ihr wirklich, ihr allein hättet ihn verzapft? Überschätzt ihr euch da nicht gewaltig? Die letzte Eiszeit ging vor ungefähr 11 000 Jahren zuende - sie entstand Jahrtausende vorher, brachte plötzliche Veränderungen mit, konnte sogar ausgewachsene Mammuts in Sibirien schockfrosten. Das hatte die Natur ganz alleine hingekriegt, sie benötigte dafür kein einziges Menschlein. Und nun geht die letzte Eiszeit vermutlich endgültig zuende, ein paar Rückzugsgebiete tauen nun wieder auf, es wird wärmer auf der Erde. Schlimm genug. Der Natur dürfte es auch diesmal ziemlich egal sein, ob ihr dabei ein paar Menschlein zugucken oder vielleicht im Wege stehen. Trotzdem - die Menschen wollen ja überleben - also müssen sie sich dazu was einfallen lassen. Sonst könnte es für sie sehr eng werden...

Überhaupt – der Glaube – er versetzt Berge, heißt es - natürlich nur dann, wenn ihm auch Taten folgen. Aber dann sind es tatsächlich die Taten, die die Welt bewegen, nicht eigentlich der Glaube! Ohne Werke ist der ja bekanntlich tot…

Zu unserer Zeit gehörte es noch zum guten Ton, an irgendwas zu glauben
daran, dass es einen Gott gibt, oder daran, dass es keinen Gott gibt. Mit Glauben kann man aber nicht herausfinden, ob etwas tatsächlich existiert oder nicht. Die Religionen hatten ja bis dato dieses Feld gepachtet; sie verbreiten ja immer noch die Meinung, es gäbe ihn - zwangsläufig ohne es beweisen zu können. Was man so glaubt (oder glauben soll), ist ja auch nicht beweisbar, das liegt in der Natur der Sache - und soll es auch nicht sein.  Hat es je einen real existierenden Zeus gegeben, oder einen Jupiter? Andersherum: Über 3000 Jahre lang haben die Religionen es nicht geschafft, Beweise für ihre Gottesvermutung vorzulegen (unter uns: die wissen ganz genau, dass das gar nicht geht!). Deswegen soll man ja auch immer noch an ihn glauben, und zwar nach ihren Vorgaben. Würden sie wirklich sagen, worum es sich da handelt, entzögen sie sich damit sofort ihre eigene Geschäftsgrundlage - daher kann auch nicht sein, was nicht sein darf... (Siehe hierzu auch den Menüpunkt >Theodizee)
http://reinhardt-graetz.de/index.php/aphorismen/gott-und-die-welt?showall=&start=3

Aber wieso sollte man überhaupt an was glauben?
Auf das, was ist, hat menschlicher Glauben ohnehin keinen Einfluss; bestenfalls auf das, was sein könnte - aber dann nur darauf, was Menschen sich so zum Verwirklichen ausgedacht haben; sie könnten es dann mit ihren Taten herbeiführen. Neue Erkenntnisse liefert Glauben nicht, er enthält aber oft genug jede Menge Irrtümer, wie jedwede menschliche Vermutung - wie felsenfest auch manche der Gläubigen davon, was sie da so glauben überzeugt wären. Die meisten glauben eh' nur das, was ihnen die zahlreichen Glaubensgemeinschaften zu glauben vorgeben. Solange man etwas nur glaubt, bleibt man eben zwangsläufig bei ungewissen Vermutungen stecken.
Aber - wenn man das nicht mehr will, kann man ja ganz einfach damit aufhören. Dann wäre man nicht mehr von den Einflüsterungen anderer abhängig, und ein paar € Kirchensteuern oder ähnliche Beiträge hätte man sich auch noch gespart.

Wäre es nicht viel besser, sich ganz dem Wissen zuzuwenden? 
Fakten sind schließlich das einzige, was tatsächlich zählt. Sie schaffen Gewissheit, im Gegensatz zu ständig ungewissen Vermutungen. Aber - erstens kann man gar nicht alles wissen; unser Wissen wird immer begrenzt beleiben, trotz der Verfügbarkeitsbeschleuniger Internet und dessen social networks. Und: wollten wir alles über alle wissen, schüfen wir damit so ganz nebenher die totale Überwachung aller durch alle, und damit wäre niemandem gedient. Jedes Ding hat ja mindestens zwei Seiten.

Und wie ist es mit der Wirklichkeit und der Wahrheit?
Ob ihr im Jahr 2085 darüber mehr wisst als wir?? Ja - wissen wäre eigentlich viel besser.

Ist es wirklich gut, einfach an irgendwas zu glauben?
...nur weil es immer schon so war, weil es irgendwo so steht, womit uns andere irgendetwas weismachen wollen... Etwas zu tun wäre viel besser – aber es sollte schon was Gutes sein. Wenn der Glauben an Gott – also das Gute – die Menschen wenigstens dazu brächte, selber gut zu werden, dann wäre das ja in Ordnung.
Aber - sind denn die Menschen durch die Jahrtausende währenden Religionen wirklich besser geworden? Zwar tauchte da in letzter Zeit so eine sonderbare Spezies auf, "Gutmenschen" genannt; eigentlich müssten darüber alle anderen jauchzen und frohlocken! Aber - was geschieht? Die werden eher schief angesehen, durchweg korrekt, wie sie sich geben; manchen gehen sie sogar schlicht auf die Nerven. Sie scheinen eher mit den alttestamentarischen Pharisäern verwandt zu sein...
Ansonsten hat ja der bisherige Glauben nur Mord und Totschlag gebracht: Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennungen, einen 30jährigen Krieg 1618-1648, noch mal einen 1914-1945, der schwelte kalt nach bis 1989 – Nordirland-Konflikt (Protestanten gegen Katholiken), Jugoslawien-Konflikt, Nahost-Konflikt, christliche gegen islamische Fundis, Sunniten gegen Schiiten, einen "heiligen" Krieg nach dem anderen, Selbstmordattentäter – Konflikte, Konfrontationen: nee, ich habe eigentlich keine Lust, die Liste noch weiter zu verlängern. Die Bilanz ist buchstäblich vernichtend! Vor lauter Rechthaberei ("nur WIR haben den wahren Glauben, und deswegen immer Recht!") und Aggressivität nahm der Kampf für das Gute und gegen die bösen Ungläubigen solche Ausmaße an, dass beinahe kein Stein mehr über dem anderen blieb - was alle Religionen nachhaltig geschädigt hat; jeder Glaubenskrieg ist eigentlich ein weiterer Sargnagel für sie. Vermutlich werden sie es erst merken, wenn es für sie zu spät ist.
(siehe auch Menüpunkt >Aphorismen >>Gedankensplitter >>>Fortschritt, technisch & sozial)
http://reinhardt-graetz.de/index.php/aphorismen/gedankensplitter?showall=&start=14

Wollten sie uns nicht das Gute nahebringen, also Frieden und Erlösung vom Bösen?

Ausgerechnet einem der weltweit bekanntesten Religions-Oberhäupter, dem Dalai Lama, sind denn auch darob arge Zweifel gekommen. In einer seiner neuesten Abhandlungen fordert er ganz offen die Abkehr von den traditionellen Religionen - sie hätten mehr Schaden als Nutzen angerichtet und seien daher nicht mehr zeitgemäß.
http://www.amazon.de/gp/product/371090000X?colid=3KO6NJ5AOE7XF&coliid=I200S6GJB9X7QC&ref_=wl_it_dp_o_pC_nS_img

Ja, dazu gibt es tatsächlich viele Fragen:
- die antiken Religionsdesigner konnten ja nicht an alles denken, oder sich tatsächliche Entwicklungen (oder Stagnationen) Jahrtausende nach ihnen vorstellen...

Wenn Gott allgegenwärtig und allmächtig ist, wieso kann man ihn nicht sehen? Allmächtig, wie er ist, könnte er sich doch zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort sehen lassen, oder... !? Beispielsweise als Mensch, zu dem er ja angeblich geworden sei...

Wieso lässt er immer noch das Böse zu, obwohl er doch allmächtig und für alles Gute die oberste Instanz sein soll? Auch das Übel, welches die Menschen gar nicht selbst zu vertreten haben (beispielsweise Naturkatastrophen mit ihren fatalen Folgen...)?
Warum hat er die Entwicklung der Atombombe nicht verhindert oder KZ-Häftlinge befreit?
Will er nicht, oder kann er nicht das Böse aufhalten oder gar bereits im Ansatz verhindern?
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   Vatikan: "Wir können ihn [Gott] oft nicht verstehen"

   Bemerkenswert genug: selbst der Vatikan zeigt sich in dieser Frage überfordert, zumindest nach außen.
   "Wir können ihn oft nicht verstehen" lautete dessen letzter Kommentar zu diesem Thema in der Zeitschrift
   "Hör Zu"
(18/09 v. 24. 4. 2009, S.11)

    Auch Papst Franziskus sagte am 18. 1. 2015 öffentlich vor über 6 Millionen ! Zuschauern bei einem Besuch auf
    den Philippinen zu einem kleinen Mädchen:
    "Ich habe keine Antwort darauf!"

   Eigentlich sollten sie es besser wissen. Es sei denn, sie sind inzwischen Gefangene ihrer eigenen
   Vorstellungen geworden.

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Die alte Thedodizee-Frage -
sie ist scheinbar nicht totzukriegen. Wie sollte sie auch, wenn sich die zuständigen Kleriker konsequent um eine ehrliche Antwort drücken?
Dabei gibt es auf diese einfache Frage tatsächlich eine einfache Antwort :
http://reinhardt-graetz.de/index.php/aphorismen/gott-und-die-welt?showall=&start=3

Bräuchte er wirklich einen "Stellvertreter auf Erden",
wenn er allmächtig wäre - könnte er nicht das bisschen Organisation ganz elegant selber regeln, kraft seiner Allmacht...!?

Und: wieso regte er sich angeblich so auf über - seine eigene! - missratene Schöpfung, so dass er darob furchtbar zornig wurde und sie bald darauf mit einer eigens inszenierten "Sintflut" ersäuft haben soll-??
Würde einem wirklich allmächtigen Gott tatsächlich ein so gravierendes Missgeschick passieren?? Warum reichte seine "Allmacht" und sein "Allwissen" angeblich gerade noch aus, um mit einer spektakulären Flut die missratene und nunmehr lästig gewordene "Schöpfung" per Massenmord an Mensch & Tier wegzumeucheln - merkwürdigerweise aber nicht für eine durchweg fehlerlose Schöpfung...!?
Abgesehen davon, dass er dabei massiv gegen sein späteres Gebot an die Menschen verstieß: "Du sollst nicht töten"...
Sind da nicht eher die biblischen Autoren mit ihrer lebhaften Phantasie an ihre Grenzen gestoßen-?

Warum eigentlich hat er nicht gleich den ersehnten Endzustand - das "himmlische Jerusalem" mit der immerwährenden Herrschaft der Gerechten - herbeigeführt, kraft seiner Allmacht ganz lässig mit einem Fingerschnips-??

Dürfte ein "allmächtiger" Gott jemals zornig werden können? Er hätte es doch in der Hand, kraft seiner Allmacht und seines Allwissens alle Dinge ganz souverän nach seinem Gusto zu regeln, und dann gäbe es niemals irgendeinen Grund für ihn, sich über irgendetwas aufzuregen, geschweige denn richtig zornig zu werden! Für einen "allmächtigen" Gott dürfte es den Begriff "Zorn Gottes" eigentlich gar nicht geben...

Wieso eigentlich gibt es überhaupt irgendwelche Probleme?
Kurzum: existierte tatsächlich so ein "allmächtiges" Überwesen, dann dürfte es auch nicht den Hauch irgendeines Problems auf dieser unserer Erde geben! So ein Allmächtiger und Allwissender könnte doch jedwedes Problem ganz souverän schon im Ansatz verhindern und damit vermeiden! Neue Probleme gäbe es dann erst recht nicht, sie blieben einfach außen vor. Der Begriff "Zorn Gottes" wäre gänzlich unbekannt, und wir lebten in der allerbesten aller Welten. Und, ganz nebenher: er hätte ja auch die Möglichkeit, kraft seiner Allmacht, sich wenigstens ab und zu mal uns kleinen Erdenmenschlein zu zeigen und sich nicht ständig voller Scheu verborgen zu halten...

Dem ist aber nicht so - und warum?


Ach, das ist doch soo einfach: weil der "allmächtige" Gott als personifiziertes Prinzip des Guten gar kein real existierendes Überwesen ist, sondern nur eine menschliche Vorstellung, von der wir - eigens nach dem Entwurf und Beschluss der Religionsdesigner - glauben sollen, dass sie real existiert. Und so beantwortet sich die alte "Theodizee"-Frage ("...warum lässt Gott das alles zu?") ganz schnell von selbst:

Eine menschliche Vorstellung ist gar nicht imstande, in ein reales Geschehen einzugreifen oder es gar zu verhindern.


Die Religionsdesigner und ihre Glaubensvorgaben
 - das waren und sind bis heute Mitglieder der Herrschafts- und Priesterkaste. Die dachten sich ihre Vorstellungen gezielt aus, um sie dann unter das gemeine (analphabetische) Volk zu bringen, und das hatte dann daran zu glauben - basta! Diese Praxis zog sich über Jahrtausende so hin bis ins späte Mittelalter.
Bereits in der Antike beschloss und verkündete Pharao Echnaton das Ende aller bisherigen Götter; nur einer, der Sonnengott Aton, sollte übrigbleiben und an deren Stelle treten. Auf ähnliche Weise wurden später bei den Juden deren Gott Jahwe, bei den Muslimen Gott Allah und bei den Christen die Trinität von Gott Vater, Sohn & Heiliger Geist beschlossen und verkündet.

Umgekehrt hat die Anglikanische Kirche ganz offiziell 1996 den Teufel abgeschafft.
So wundert es auch nicht, dass sie jetzt darangehen, auch die Glaubensvorstellungen von einem persönlichen Gott in Frage zu stellen - immerhin ließ der amtierende Erzbischof von Canterbury vor kurzem über mehrere Medien verbreiten, dass ihm zu diesem Punkt arge Zweifel gekommen seien. Vermutlich muss man wohl bald mit einem offiziellen Ende Gottes bei der Anglikanischen Kirche rechnen. Bei zahllosen antiken Göttern ist deren Ende ja längst gekommen - sie existieren nur noch als Überlieferungen in den Geschichtsbüchern; niemand glaubt mehr an Zeus oder Jupiter.
http://www.zeit.de/1996/11/IN_DER_HOeLLE_BRENNT_KEIN_FEUER_MEHR

Götter oder Teufel haben die Kleriker seit altersher nach Belieben erfunden, beschlossen, verkündet oder abgeschafft.
Sie können daher real gar nicht existieren.


Menschliche Phantasie-Vorstellungen,
auch die von einem Gott, sind nun mal nichtgegenständlich - und sie müssen daher unsichtbar wie auch unbeweisbar sein und bleiben. Und genau deswegen sollen die gemeinen Schäflein ja auch an sie glauben; Gläubige aller Konfessionen bekennen dies ja regelmäßig. So leuchtet es auch ein, dass die Wirksamkeit einer menschlichen Vorstellung begrenzt ist und daher auch nicht in irgendein konkretes Geschehen eingreifen oder es gar im Ansatz verhindern kann. Und "allmächtig" ist so eine Vorstellung erst recht nicht. Andererseits ist ja eine menschliche Vorstellung durchaus real - genauso real, wie ein Mensch eben ist; in einer Wirklichkeit, abhängig und innerhalb der Menschen. Diese Wirklichkeit ist genau begrenzt; sie existiert ausschließlich in der menschlichen Vorstellungswelt, entwicklungsgeschichtlich entstanden aus der Weiterentwicklung von Gedächtnis und Vorstellungsvermögen. Manche Begriffe haben halt so ihre eigene Dialektik.

Allmächtig, allwissend, allgegenwärtig und ewig
existent kann niemand sein, weder ein gewöhnlicher Mensch, und schon gar nicht irgendein Überwesen als Element der menschlichen Vorstellung. Das sind antike science fiction-Ideen, entstanden aus dem Bewusstsein menschlicher Unzulänglichkeiten, aus denen inverse Wunschvorstellungen hervorgegangen sind - und gleichzeitig grobe Fehlein-schätzungen. Daran glauben zu sollen, wäre ziemlich durchgeknallt - aber bis heute handelt es sich um die Grund-bestandteile aller großen Glaubensgemeinschaften, die von Milliarden Gläubigen geteilt werden. Nimmt man dann noch die niederschmetternde Bilanz jahrtausendelanger Glaubensdiktate hinzu, mit deren Erbe wir uns bis heute herumschlagen müssen -
(s. a. Menüpunkt >Aphorismen >>Gott und die Welt)
http://reinhardt-graetz.de/index.php/aphorismen/gott-und-die-welt

Wer hat's gewusst?

Die Freimaurer, nach eigenen Angaben! Sie rückten aber erst in unseren Tagen mit ihrem Wissen heraus. Deren jahrhundertelang gepflegte Geheimniskrämerei ist inzwischen nicht mehr in, und so verkünden sie uns, dass ihrer Auffassung nach allen Religionen menschliche Wünsche und Sehnsüchte zugrundelägen, die aus dem Bewusstsein menschlicher Unzulänglichkeiten heraus entstanden seien. Was sich für uns wie eine Binsenweisheit liest, wurde von den Freimaurern bis in die jüngste Vergangenheit als besonders streng gehütetes Geheimnis behandelt. Nur in deren  obersten Zirkeln wurde dieses Thema diskutiert - wenn überhaupt, und dann nur hinter vorgehaltener Hand.
Trotzdem - und vermutlich gerade deswegen - wurden die Freimaurer zu den ziemlich besten Feinden der katholischen Kleriker, weil sie eine Wahrheit verkündeten, die sie selbst teilen, und daher unter allen Umständen unter Verschluss halten wollten. Dass dem Klerus die Ziele der frz. Revolution, wie sie auch von den Freimaurern vertreten werden, ebenso zuwiderlaufen, steht da noch auf einem anderen Blatt.
So lässt sich sinngemäß Prof. Grün - selbst Freimaurer -  von der Uni Frankfurt am Main vernehmen:

http://www.planet-wissen.de/sendungen/pwsediegeheimnissederfreimaurer102.html

Was in der Natur geschieht, ist eine andere Sache.
Dort geschieht alles komplett ohne menschlichen Einfluss - die kleinen Menschlein überschätzen sich da gewaltig!
Die Sonne scheint über Gute und Böse, und Erdbeben, Wirbelstürme, Sturmfluten, Vulkanausbrüche, Meteoreinschläge wie auch der gewöhnliche Zeitablauf treffen Gute wie Böse gleichermaßen. Wir kommen entweder als Männlein oder Weiblein auf diese unsere Welt und bleiben es ein Leben lang, ganz ohne unser Zutun - basta! Entscheidungsmöglichkeiten gibt es da für uns nicht. Ebenso kann niemand sein Geburtsdatum verändern oder den blauen Himmel umfärben...
Der Mensch kann diese Dinge überhaupt nicht beeinflussen; die Natur lässt sich von menschlichen Moral-vorstellungen oder sonstigen menschlichen Vorgaben schon gar nicht beeindrucken.

Klar würde mich interessieren, wie ihr 2085 darüber denkt -
aber da gibt es eine Zeitgrenze, die selbst das allerbeste "gute Prinzip" nicht überwinden könnte - und das ist auch gut so...

Hoffentlich macht ihr es in Zukunft besser-

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PS.
So neu ist das alles nun auch wieder nicht. Schau'n mer mal, was der Herr Buddha dazu sagte:

Glaube nichts, weil ein Weiser es gesagt hat.
Glaube nichts, weil alle es glauben.
Glaube nichts, weil es geschrieben steht.
Glaube nichts, weil es als heilig gilt.
Glaube nichts, weil ein anderer es glaubt.
Glaube nur das, was Du selbst als wahr erkannt hast.

Buddha

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PPS.
Halt, halt, halt, Herr Buddha - Ihr letzter Satz!

Wenn ich etwas als tatsächlich wahr erkannt habe, weil es bewiesen wurde, muss ich es nicht mehr glauben - dann weiß ich es!

Sonst würde ich wieder nur glauben, es wäre wahr, und ich würde dann nur einen alten gegen einen neuen Glauben tauschen - nichts wäre gewonnen.

Deswegen sollten wir Buddhas letzten Satz durch zwei andere ersetzen:
Glaube nichts, nur weil du glaubst, es wäre wahr!
Denn nur auf Wissen (=das, was bewiesen ist) kannst du dich verlassen.

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Vorstellungen über die Zukunft
Die antiken Bibelautoren haben die Dinge nur nach dem beurteilen können, was ihnen damals geläufig war. Manche Dinge konnten sie damals noch gar nicht wissen - beispielsweise, dass man ohne Raumanzug im Weltraum - dem Himmel - nicht existieren kann.

Uns geht es da heutzutage um keinen Deut besser.

Wie sich unsere Urgroßeltern unsere Zeit vorstellten:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/zukunftsvision-im-jahr-mit-der-schiffseisenbahn-zum-nordpol-1.1943137

Ganz ähnlich werden wohl unsere Nachfahren über unsere Zukunftsvisionen schmunzeln... :-)
http://www.tagesspiegel.de/wissen/ungewoehnliche-tiere-die-lichtfresser/10188286.html

http://www.scinexx.de/dossier-detail-131-13.html