Reinhardt Graetz

Inhalt

Gewissheiten


Ewig...

...ist die Energie; sie kann weder mehr noch weniger werden, und schon gar nicht aus dem Nichts entstehen oder total verschwinden. Sie existiert schon immer, auf ihr gründet sich alles Sein.
Merkwürdig: niemand weiß bisher, was Energie eigentlich ist.

Allgegenwärtig...
...ist der Himmel (engl. "sky"). Jeder Mensch kennt ihn, er ist Tag und Nacht da. Niemand könnte ihn ernsthaft wegdiskutieren oder gar abschaffen wollen, das wäre lächerlich. Seine Allgegenwart ist so selbstverständlich, dass kaum jemand darüber nachdenkt. Nicht einmal die Religionsdesigner kamen auf die Idee, dass man an ihn glauben soll.

Es ist unmöglich...
...dass Du Dir von drei Tellern auf dem Tisch den 5. aussuchen könntest.
Du kannst nicht mit 35 sterben, wenn du bereits 50 bist.
Ein zeitlich begrenztes Leben könnte niemand in ein "ewiges" überführen - und umgekehrt:  bei einem ewigen Leben wären Anfang und Ende von vornherein ausgeschlossen.
Dein Geburtsdatum kann niemand im Nachhinein verändern.

Gaukeleien


Gott sei Mensch geworden
Das ist immerhin die Kernidee des Christentums. Er sei als kleines, hilfloses Baby unter die Menschen gebracht worden, um ihnen die Idee der Nächstenliebe nahezubringen. Genau deswegen feiern Christen aller Couleur in aller Welt das Weihnachtsfest. Später sei er wieder in den Himmel entfleucht. Von den merkwürdigen Umständen seines Kommens, Aufenthalts und Verschwindens auf der Erde mal ganz abgesehen - diese hübsche Idee verdanken wir ja den antiken biblischen Autoren.
Wenn aber Gott nun Mensch geworden sein soll - ist dann umgekehrt der Mensch auch Gott geworden, nach den Regeln der elementaren Logik? Beides ginge tatsächlich nicht zusammen.

- Wenn Gott tatsächlich Mensch geworden wäre, hätte er seine typischen Eigenschaften (wie sie uns die biblischen Autoren schildern) als Überwesen drangeben müssen. Oder, umgekehrt müsste dann der Mensch allmächtig, allwissend, allgegenwärtig und/oder ewig geworden sein. Das aber hat noch niemand bei irgendeinem Menschen beobachtet. Der Mensch ist Mensch geblieben, und Gott müsste sich seiner Überwesen-Eigenschaften entledigt haben.

Gott und Mensch in einer Person zu sein - dieses Glaubenspostulat ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch der Mensch als "Gott" aufgewertet würde. Tatsächlich hat es ja in der Antike mehrere "Gottkönige" gegeben. Sinnvoll ist diese Idee aber nur dann, wenn die Menschen dadurch zu Respekt und Verehrung ihrer Mitmenschen gebracht würden.
Tatsächlich ist es ja auch eine Idee, um die es hier geht; die Idee der Nächstenliebe soll ja nach dem Willen ihrer antiken Vordenker dazu führen, dass Gruppenkonflikte innerhalb der Menschen aufhören. Respekt vor den Mitmenschen ist dazu elementare Voraussetzung.

Das "ewige Leben",

das Glaubens-Endziel aller Christen, müsste ganz selbstverständlich längst zu unserem Alltag gehören, wollte man diesen seltsamen Begriff wirklich ernst nehmen. Dann nämlich müsste es schon immer existiert haben bis heute, und würde ebenso bis in alle Ewigkeit weiter existieren müssen - es hätte weder Anfang noch Ende, und müsste daher zu den banalen Selbstverständlichkeiten des Lebens gehören, wie beispielweise der blaue Himmel.
Wenn es aber irgendwann in ferner Zukunft erst noch anfangen soll, ist es nicht ewig, sondern erkennbar ein komplettes Unding. Etwas Ewiges ist ja gerade dadurch gekennzeichnet, dass es weder einen Anfang noch ein Ende hat. Entweder haben demnach deren Erfinder diesen Begriff selbst nicht ganz verstanden, oder ganz bewusst eine Mogelpackung unter die Leute verteilt, nach dem Motto: dieser Nonsens wird den tumben Schafen schon nicht auffallen...
Noch ärger wird es bei der Vorstellung, zeitlich begrenztes in ewiges Leben zu überführen: dazu müssten ihm zum Zeitpunkt der Umwandlung im Turboverfahren eine unbegrenzte Anzahl von Jahren hinzugefügt werden - und dazu wäre auch noch ein unbegrenzter Zeitaufwand nötig, für alle (=unendlich viele) vor der Geburt wie nach dem Tod ungelebten Jahre. Ganz praktisch und nebenher müsste dann auch jeder Mensch seines Geburtsdatums verlustig gehen...

Weiterhin fragt man sich, womit in aller - ewigen - Welt sich die nunmehr ewig lebenden Menschen beschäftigen würden: Gäbe es in einem endgültigen Endzustand allen Seins überhaupt noch etwas zu tun, wenn nunmehr der Gipfel aller Vollkommenheit erreicht ist-? Und, wenn ja, was-? Sängen die auf ewig Seligen unablässig "Halleluja", ähnlich wie der Bayer Alois- (" ...'luja, sog' i-! Frohlocket!"), um sich irgendwie die Zeit zu vertreiben, die es ja angeblich dann auch nicht mehr geben soll-? Müsste ihnen nicht der Zustand ewiger Arbeitslosigkeit irgendwann lästig und bedrückend werden-?
Oder wäre es so, wie uns die Anthroposophen weismachen wollen - die ewig seligen Wesenheiten seien da unentwegt am Weben, Schaffen und Werkeln-? Wofür eigentlich-? Sinnvollerweise doch nur, um aus der besten aller Welten immerzu eine noch bessere zu machen. Was hieße, der gegenwärtigen Welt wiederum allerlei Unzulänglichkeiten anzuhängen, nach dem Motto: "das Bessere ist des Guten Feind"- und damit hätten sie exakt die Zustände des irdischen Jammertals wiederhergestellt, denen sie ja durch den Zustand der ewigen Seligkeit endgültig entflohen sein wollten...
Mit anderen Worten:

Diese Utopie erweist sich bei näherer Prüfung als eine intellektuelle Seifenblase.

Wir hätten also im ewigen Leben genau dasselbe zu erwarten, was wir ohnehin schon vorfinden.
Die Religionsdesigner hätten sich diese Idee glatt sparen können, mitsamt der begleitenden Weltuntergangsdramatik. Es ist tatsächlich eine Gaukelei.

Aber nicht genug damit: in der Bibel wird das "ewige Leben" auch noch als etwas hochgradig Böses dargestellt: Adam, der "erste Mensch", sollte ja durch einem furchterregenden Cherub daran gehindert werden, sich des "ewigen Lebens" zu bemächtigen - weil Gott den Allmächtigen die Furcht umtrieb, wenn Adam dies fertigbrächte, würde er danach "sein wie Gott". Offenbar eine schlimme Vorstellung für Gott, dass er Konkurrenz bekommen würde...
Genau davon aber träumen alle wackeren Christen, wenn sie ihren Glauben an die "Auferstehung von den Toten und das ewige Leben" bekennen.
So streben sie zeitlebens etwas an, was ihrem Urvater Adam angeblich in grauen Urzeiten von Gott dem Allmächtigen persönlich extra verwehrt wurde. Der aber hatte zuvor den "Baum des Lebens" in den Garten Eden gesetzt, dessen Gebrauch aber von vornherein verboten. Wer's glaubt, muss dann aber auch die seltsame Unlogik mitsamt den Irrungen und Wirrungen dieser seltsamen Geschichte akzeptieren...

Allgegenwärtig...
...ist der Himmel (sky). Er ist immer da, tags wie nachts. Jeder kennt ihn. Niemand könnte ihn abschaffen oder verändern, gar wegdiskutieren...
"Gott" hingegen ist eine menschliche Vorstellung und daher nicht allgegenwärtig, und sie ist auf den jeweils gläubigen Menschen beschränkt. Und die ist kein Element der realen Wirklichkeit außerhalb und unabhängig von den Menschen. Dort braucht ein schneller Lichtstrahl Milliarden Jahre, um die Distanzen im Weltraum zu überbrücken, und kann deshalb nicht gleichzeitig überall sein.

Allmacht
würde bedeuten, dass jemand augenblicklich irgendetwas herbeiführen könnte - einen Istzustand unverzüglich in einen Sollzustand, mit einem Fingerschnips.
Beispielsweise könnte er das Universum auf einen Punkt zurückführen - wozu die Natur -zig Milliarden Jahre gebraucht hat - oder in den Zustand vor dem Urknall; er könnte sogar sämtliche Natur- und Logikgesetze aufheben, Zeitreisen veranstalten, etc. etc. Ein Mensch könnte das nicht, ein gedachtes Überwesen ebensowenig.
Diese Ideen sind offenkundig Wunschphantasien antiker Autoren.

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Gott sei allmächtig und allwissend...
...und die antiken biblischen Autoren wollten uns weismachen, dass Gott dermaßen in Zorn über seine eigene, vergeigte ! "Schöpfung" geriet, dass er dieselbe mit Stumpf & Stiel - mitsamt völlig unschuldiger Tiere, sozusagen als Kollatateralschaden - per Massenmord (mit einer "Sintflut") nach einer Art Bewährungsphase wieder ausgerottet habe; anders wusste er sich nicht zu helfen, um seinen kardinalen Fehler zu beheben - ähnlich wie bei Goethes "Zauberlehrling"! Hätte der Allwissende das nicht bereits vor seiner Schöpfung sehen müssen, dass da was nicht stimmte?
Eine weniger martialische Fehlerkorrektur, oder, besser noch, eine von vornherein fehlerfreie "Schöpfung" bekam er nicht hin, der Allmächtige. Es reichte angeblich nur zu einem gewaltigen Untergangsgetöse. Merkwürdig. Wenn wir dem wortwörtlichen Verständnis des Bibeltextes folgen wollten, müssten wir das alles so glauben...
Könnte einem tatsächlich allmächtigen Gott eine derart gewaltige Fehlleistung unterkommen? Müsste ein wahrhaft Allmächtiger sich überhaupt über irgendetwas erzürnen...!? Bräuchte ein Allmächtiger tatsächlich einen Stellvertreter auf Erden? Könnte er nicht alle Dinge ganz souverän selber regeln? Könnte er nicht schon längst das "himmlische Jerusalem" eingerichtet haben, in dem eitel Gerechtigkeit herrscht und das Böse für immer abgeschafft ist? Gäbe es dann überhaupt noch irgendein Problem auf dieser unserer Welt...!? Allmacht sähe anders aus.
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Vergleiche pflegen zu hinken; Metaphorik hat eben so ihre Tücken. Die biblischen Autoren waren auch nur Menschen - sie konnten ja nicht an alles denken. Vor allem nicht daran, dass schon die Idee der Allmacht ein Unding ist...

Allmächtig, allgegenwärtig, allwissend und ewig - alles Dinge, die die Menschen bei sich vermissen und die generell unmöglich sind: Eigenschaften, die einem "Gott" von allerlei Glaubensvertretern zugeschrieben werden. Wer das glauben will, dem steht es selbstverständlich frei. Aber man braucht es auch nicht zu glauben, wenn man es nicht will...

Glauben hat mit dem, was tatsächlich ist, offenkundig nichts zu tun.

(Siehe hierzu auch den Beitrag >2085, letzter Abschnitt)